bi 1709 persilschein rohre 1076

GIESSEN (rsc). Bürgermeisterin Gerda Weigel-Greilich protestierte vehement: „Für uns als Stadt steht die zu schützende Umwelt im Mittelpunkt – und nicht der gesteigerte Wert der Immobilie.“ Dabei ging es um einen neuen Pass, der als „Persilschein“ für den ordnungsgemäßen Zustand der Entwässerungsrohre bis zum Hauptkanal der Kommune in der Straßenmitte beim Verkauf eines Hauses nützlich sein kann. Das erste Exemplar für Gießen nahm nun Christian Leins vom Technischen Kundenservice der Wohnbau für das Gebäude in der Hardtallee 5 entgegen. Der „Persilschein“ für dieses Objekt gilt nun bis 2037.

Insgesamt 450.000 Euro hatte vor zwei Jahren der Inspektionswagen der stadteigenen Mittelhessischen Wasserbetriebe (MWB) gekostet. Damit werden pro Woche – je nach Schwierigkeitsgrad vor Ort – acht bis 15 Abwasserleitungen inspiziert, etwa 500 pro Jahr. Das geschieht von der Straße aus und ist für den Hauseigentümer kostenlos. Es sei denn, dass nach der Säuberung der Rohre der Kamerawagen wegen unterschiedlicher Hindernisse nicht durchkommt. Dann muss von innen nach außen nachgeschaut werden. Viele Eigentümer von älteren Gebäuden wissen oft nicht, wie der Abwasserkanal durch ihr Grundstück verläuft. Deshalb gibt es nach der Inspektion eine Kartierung mit dem eingezeichneten Verlauf. Ein weiterer Vorteil: Der Kanal ist danach von Ablagerungen gereinigt und muss erst in 20 Jahren erneut begutachtet werden.

Für Wasserschutzgebiete gilt ein fünfjähriger Turnus. Bisher sind die MWB mit ihrem Spezialwagen in der gesamten Weststadt und der Anneröder Siedlung unterwegs gewesen, zurzeit ist das Ostpreußenviertel dran. Die Hausbesitzer werden darüber jeweils vorher informiert. Häuser, die aktuell saniert werden, können auch außerhalb der Reihenfolge kanalmäßig untersucht werden. Das Kanalnetz in Gießen ist 500 Kilometer lang. Die MWB als Eigenbetrieb der Stadt überprüfen seit 2013 die Gießener Grundstücksentwässerungsanlagen und stellen schon seit 2014 den Entwässerungspass für ordnungsgemäße Abwasseranlagen aus. Nachholbedarf habe diesbezüglich noch der Landkreis. Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) setzt sich intensiv für die Entwicklung einer sicheren und nachhaltigen Wasserwirtschaft ein. „GEKa_NET“ ist ein Netzwerk von Kommunen und Verbänden aus dem DWA-Landesverband Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland für die Grundstücksentwässerung, also ein Zusammenschluss von kommunalen Betreibern von Abwasseranlagen. War es früher den einzelnen Kommunen überlassen, Kriterien für einen Entwässerungspass für die Eigentümer zur Dokumentation ihrer Grundstücksentwässerungsanlage festzulegen, gibt es nun einen landesweit einheitlichen Pass.


(Gießener Anzeiger, 9. November 2017)